DIE GESAMTAUSGABE – DIE EINZELBÄNDE
Ammann Verlag, Zürich
1985 – 2000
Jetzt erhältlich beim S. Fischer Verlag, Frankfurt.
Ossip Mandelstam
Der Stein
Frühe Gedichte 1908–1915
(Russisch und deutsch)
Bereits der erste Gedichtband erregte bei seinem
Erscheinen in Petersburg Aufsehen. Mandelstam schrieb
diese Gedichte im Alter von 17 bis 24 Jahren, und schon
hier ist er ein Lyriker im Vollbesitz seiner Möglichkeiten.
Ossip Mandelstam
Tristia
Gedichte 1916–1925
(Russisch und deutsch)
Die Lyrik aus der Zeit um die Oktoberrevolution 1917 und
den russischen Bürgerkrieg setzt das dichterische Wort
den Mächten der Zerstörung und des Vergessens
entgegen. Mandelstams Odysseus kehrt zurück, „reich
erfüllt vom Raum, von der Zeit“.
Ossip Mandelstam
Mitternacht in Moskau
Die Moskauer Hefte. Gedichte 1930–1934
(Russisch und deutsch)
Ein lyrisches und zorniges Tagebuch voll kühner Bilder, in
dem Mandelstam visionär sein weiteres Schicksal
voraussieht, sich gegen den Tod auflehnt und doch bereits
sein eigenes Requiem anstimmt.
Ossip Mandelstam
Die Woronescher Hefte
Letzte Gedichte 1935–1937
(Russisch und deutsch)
Mandelstams Gedichte aus der Zeit der Verbannung, die
Lyrik des „Woronescher Wunders“: Poesie von abgründiger
Tragik, doch auch voller Zuversicht und Kraft.
Ossip Mandelstam
Die beiden Trams
Kinder- und Scherzgedichte, Epigramme auf
Zeitgenossen 1911–1937
(Russisch und deutsch)
Ausgelassener Humor, durchtriebene Ironie, ein poetischer
Spieltrieb kennzeichnen einen „anderen“ Mandelstam. Anna
Achmatowas Wort darf sich noch einmal bewahrheiten:
„Ossip ist ein Schrank voller Überraschungen.“
Ossip Mandelstam
Das Rauschen der Zeit
Gesammelte „autobiographische“ Prosa der 20er Jahre.
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„Das Rauschen der Zeit“
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„Feodosia“ (1925)
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Reiseskizzen und Erinnerungen (1922–1927)
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„Die ägyptische Briefmarke“ (1928)
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„Ein Dichter über sich selbst“ (1928)
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„Vierte Prosa“ (1929/1930)
Bilder Rußlands vor und nach der Revolution, Skizzen von
Menschen und Städten in einer aus den Fugen geratenen
Welt. „Die Angst nimmt mich bei der Hand und führt mich.“
Ossip Mandelstam
Armenien, Armenien!
Prosa, Notizbuch, Gedichte 1930–1933
Mandelstams Reise nach Armenien im Jahr 1930 war eines
der glücklichsten Ereignisse dieses Dichterlebens. Sie gerät
dem Dichter zur Reise an den Ursprung der Kultur, der
sinnlichen Wahrnehmung und seiner selbst.
Ossip Mandelstam
Über den Gesprächspartner
Gesammelte Essays I: 1913–1924
Gespräch über Dante
Gesammelte Essays II: 1925–1935
Die glanzvollen Essays eines Dichters, der sich stets gegen
Vereinnahmung und Bevormundung von seiten der Macht
verwahrt hat.
Ossip Mandelstam
Du bist mein Moskau und mein Rom und mein
kleiner David
Gesammelte Briefe 1907–1938
Neben Dokumenten der Verfolgung und des Widerstandes
gibt es hier das Zeugnis einer „unglaublichen, unvorstellbaren
Liebe“ (Anna Achmatowa) in Mandelstams Briefen an seine
Frau Nadeschda.
Textprobe
Textprobe
Textprobe
Textprobe
Textprobe
Textprobe
Textprobe
Textprobe
Textprobe
( Übersicht)
( Übersicht)
„Wie langsam nun der Schritt der Pferde,
Wie wenig Licht, Laternenschein!
Mich fahren Fremde – und sie werden
Das Ziel wohl wissen, sie allein.
In ihre Sorge mich ergebend –
Ich möchte schlafen, mir ist kalt;
Es wirft mich hoch, mich wirfts entgegen
Dem einzigen, dem Sternenstrahl.
Der Kopf, er brennt, er schaukelt lange,
Und sanft das Eis der fremden Hand,
Der dunkle Umriß dort, die Tannen,
Noch nie gesehen, unbekannt...“
„Wilde Katze: Haupstadt, macht den Buckel,
Auf der Brücke die Patrouille – breit,
Nur ein böser Motor rast durchs Dunkel
Der jetzt wie ein Kuckuck schreit.
Ich brauch keinen Nachtpassierschein, rede
Mir die Angst aus vor den Posten dort,
In der Sowjetnacht werde ich beten
Für das selige sinnlose Wort.“
„Schluß! Kein Gebettel, kein Lamento! Still jetzt!
Haben dafür denn die klugen Habenichtse
Sich die Stiefelsohlen abgelaufen, daß ich sie nun hier verrate?
Wir werden sterben, wie das Fußvolk stirbt,
Doch nicht ein Lobeswort für Raub und Unfreiheit und Lüge!
Und das Spinnengewebe des Schottenplaids, das uns noch bleibt –
Nimm es als Flagge und decke mich zu, wenn ich sterbe.
Trinken wir, Freundin, auf unseren Gerstenkorn-Kummer!
Trinken wir aus!“
„Nur ein Stück blaues Meer möcht ich nun, nur ein Nadelöhr Meer,
Daß die Zeit der Bewachung mit vollerem Segelwerk fährt.
Trocknes Nachtmahl du, russisches Märchen! Und hölzerner Löffel –
auch du!
Wo nur seid ihr drei prächtigen Burschen vom Eisentor GPU?
Daß der Puschkin-Stoff, wunderhaft, niemals im Taugenichts-
Händepaar niste,
Paukert nun, mit Revolvern bewehrt, bald ein Stamm Uniformpuschkinisten,
Junge Freunde von Milchzahngedichten, hört her:
Nur ein Stück blaues Meer möcht ich nun, nur in Nadelöhr Meer!“
DER PRIMUSKOCHER, 3
Sauermilch zu werden froh,
Ist für mich ganz kinderleicht –
Sagt die rohe Milch so roh
Zur gekochten, die erbleicht.
Doch die abgekochte Milch
Sagt ganz zart und leise: Schaut,
Ich bin gar nicht mal so weich,
Denn ich habe eine Haut!
LIED EINES FREIEN KOSAKEN
Ich bin Lesbier unter den Männern,
Fremd, ein Fremder, ja, ein Fremder.
Auf Lesbos aufgewachsen restlos –
O Lesbos, Lesbos, Lesbos!
„Und wenn du trauerst, daß ich elftausend Rubel dir schulde,
Denke, es könnten sehr wohl zwanzig und ein Tausend sein.“
„Die Angst nimmt mich bei der Hand und führt mich. Ein weißer, zwirnener
Handschuh. Ein Handschuh ohne Finger. Ich liebe, ich verehre die Angst.
Beinah hätte ich gesagt: Wenn sie bei mir ist, habe ich keine Angst!“
„Man muß immer reisen, und nicht nur nach Armenien und
Tadschikistan. Die größte Auszeichnung eines Künstlers ist
es, jene zur Tätigkeit zu veranlassen, die anders denken und
fühlen als er.“
Über den Gesprächspartner. Essays I: 1913–1924
„Die arme Poesie weicht jäh zurück vor der Vielzahl der auf
sie gerichteten Revolvermündungen strikter Forderungen.
Wie muß Poesie sein? Vielleicht muß sie überhaupt nicht,
vielleicht ist sie niemandem etwas schuldig und ihre
Gläubiger sind alle falsch!“
Gespräch über Dante. Essays II: 1925–1935
„Die Lektüre Dantes ist vor allem eine nie endende Arbeit, die
uns, je mehr wir fortschreiten, um so weiter vom Ziel entfernt.
Bringt eine erste Lektüre nur Atemnot und eine gesunde
Müdigkeit, so besorge man sich für die folgenden ein Paar
unverwüstliche Schweizer Nagelschuhe. Ich frage mich allen
Ernstes, wieviele Sohlen, wieviel Rindsleder, wieviele
Sandalen Alighieri während seiner dichterischen Arbeit auf
den Ziegenpfaden Italiens durchgelaufen hat.“
„Poesie ist ein Luxus, doch ein Luxus, der so lebens-
notwendig ist wie Brot und manchmal genauso bitter.“
„Nadik, mein Kindchen!
Was wird dieser Brief Dir sagen? Bringt man ihn Dir morgens
oder findest Du ihn abends? Also ‚Guten Morgen‘, mein
Engel, und ‚Gute Nacht‘, und ich küsse Dich Schläfrige,
Ermüdete oder Frischgewaschene, Tatenfrohe, die Du voller
Inspiration gleich losrennst zu Deinen schlauen, klugen,
guten Taten. Ich beneide jeden, der Dich sieht. Du bist mein
Moskau und mein Rom und mein kleiner David. Ich kenne
Dich auswendig, und immer bist Du neu, und immerzu höre
ich Dich, meine Freude. Huhu? Nadinka!“
(28. April 1937)
Ossip Mandelstam
Romanautor, Lyriker,
Essayist, Biograph,
Übersetzer und Herausgeber