Liebesgedichte – Leseproben
**AUF SCHIEFERTAFELN schrieb ichs, hieß die Hand
Es auf die Blätter blasser Fächer schreiben,
Schriebs in den Fluß- und in den Meeressand,
Mit Schlittschuhn auf das Eis, dem Ring ins Glas der Scheiben –
In hundert Winter alte Bäume schrieb
Ichs endlich – sollen es ruhig alle wissen! –
Daß du geliebt wirst! Ja, geliebt! geliebt! geliebt! –
Als Regenbogen-Schrift es an den Himmel hissend.
Wie sehr hab ich gewünscht, daß jeder blüht
An meiner Hand! Mit mir, auf alle Zeiten!
Um dann, die Stirn zum Tisch gebeugt, betrübt
Den Namen wieder durchzukreuzen ...
Du aber, in der Hand des Schreiberlings,
Die käuflich ist! Du, meinem Herz wie Stacheln!
Von mir niemals verkauft! Im Innern meines Rings!
Du bleibst mir heil, wie auf Gesetzestafeln.
**DIE STIRNE KÜSSEN verscheucht die Sorgen.
Ich küß die Stirn.
Die Augen küssen – heilt den Schlaflosen.
Ich küß die Augen.
Die Lippen küssen – stillt den Durst.
Ich küß die Lippen.
Die Stirne küssen – löscht das Gedächtnis.
Ich küß die Stirn.
5. Juni 1917